Musik als Lebenselixier - zwischen Herkunft und Ankunft

Wenn am 30.09. ab 17.30 Uhr im Rahmen der Interkulturellen Woche (IKW) am historischen Saubrunnen aufgespielt wird, wird Integration auch „im Herzen Kandels“ hörbar. Über 20 Musiker aus der Ukraine, der Türkei, Syrien und Afghanistan zeigen mit teils eigenen Kompositionen, wie sie ihre akustische Heimat immer wieder neu definieren.

Der junge Emre Yildiz lebt mit seiner warmen Stimme in der Melancholie türkischer Liebeslieder auf, aber er singt auch deutsche Popsongs, wenn sie seinen Nerv treffen. „Mir ist egal, wo die Lieder herkommen“, sagt er, „sie müssen einfach zu meiner Stimme passen - und ich muss natürlich die Sprache beherr­schen.“ Seine Sprachen, das sind Türkisch, Deutsch und Englisch; er singt Jonny Cash (betörend), um zu zeigen, was er meint. Auf türkischen Hochzeiten lassen er und sein Schlagzeug-Kollege Isi Baba es aber auch mal ordentlich krachen. Gute Stimmung zu erzeugen ist ein Grundbedürfnis der beiden. Und spontanes Musizieren, egal ob im Lokal, in einem Wohnzimmer, auf einer Picknickdecke im Park... Isi Baba, der schon etwas mehr Jahre und Erfahrung aufweisen kann (und zwar auch deshalb, weil er „Musik macht, seit er laufen kann“), hat an Leidenschaft im Laufe der Jahre kein bisschen nachgelassen. Und auch nicht an Charme, den beide Musiker mit ihrem smarten Auftritt versprühen.

Bei „Elsa und der Viertelton“ handelt es sich um ein gemischtes Trio, das bewusst Musik als Brücke zwischen Kulturen einsetzt und die ausgewählten Stücke gemeinsam (weiter)entwickelt. Musiker aus Deutschland, Syrien und Afghanistan haben sich gefunden, um vor allem eines - zu musizieren - und dabei kulturelle Besonderheiten zu teilen und Gemeinsamkeiten zu entdecken. Was dabei heraus­kommt, ist eine eigene Klangwelt, die zwischen Fremdem und Vertrauten vermittelt.

„Für uns mit ein Grund, dieses Programm zu fördern“, sagt Gudrun Lind, Vorsitzendes des Kunst- und Kulturvereins Kandel KUKUK e.V. Auch die Stadt Kandel unterstützt die Veranstaltung mit Technik und Zuschuss zu den für die Interkulturelle Woche bereitgestellten Geldern des Kreises. „Uns als Stadt ist es wichtig, dass Integration sich im kulturellen Angebot spiegelt“, so der Stadtbürgermeister Michael Nieder­meier. „Wir haben den Beirat für Migration und Integration daher auch jenseits der Interkulturellen Woche in die Organisation unserer Festivitäten in Kandel eingebunden.“

Wie wichtig Feiern, aber vor allem Musik für zugewanderte Menschen ist, wird auch beim folgenden Programmpunkt deutlich: Der Chor ukrainischer Geflüchteter „Nadija“ (ukrainisch für „Hoffnung“) lässt im zweiten Teil des Programms die Emotionalität der osteuropäischen Nachbarn mit seiner Stimmgewalt vibrieren. Wer schon einmal ukrainische Folklore-Musik gehört hat, weiß, dass diese von jeher sehr mitreißend - und eben auch absolut herzzerreißend – sein kann. Das gemeinsame Singen schweißt zusammen; der Chor wächst ständig und bildet ein Moment der Heimat in Anbetracht der Verzweiflung und des Verlusts.

Olga Lenk, Inhaberin einer Tanzsportschule in Germersheim, hat den Chor mit initiiert. Ihre Zeit in der Ukraine und ihre Verwandten dort haben sie veranlasst, nach speziellen Wegen zu suchen, um Geflüchteten ein Stück Vertrautheit und Geborgenheit im gemeinsamen Singen zu vermitteln. Mit ihrer Tanzsportschule fördert sie allgemein Talente – unabhängig von der Herkunft, aber auch von Einschränkungen körperlicher und geistiger Art. Ihre investierte Energie kommt hundertfach zurück, wenn die Stimmen und auch die kleinen mitgebrachten Tänzer:innen vor Ort am Saubrunnen ihren Einsatz haben. Quasi „im Schlepptau“ hat sie auch den jungen ukrainischen Konzertgitarristen Roman Taranov, auf dessen Stücke aus Jazz und Klassik man sich freuen darf. Die Improvisationen, die er spielt, sind programmatisch für den Abend, denn „dessen Atmosphäre lebt vom Spontanen der Musik und der Offenheit sowohl der Musiker:innen als auch der Zuhörer:innen“, so Dr. Irene Lamberz, Vorsitzen­­de des Beirats für Migration und Integration. „Wir laden alle herzlich dazu ein!“

Wann? 30.09.2022 ab 17:20 Uhr
Wo? Kandel, Am Saubrunnen
Veranstalter: Beirat für Migration und Integration der Stadt Kandel
Kontakt:
Dr. Irene Lamberz, Vorsitzende des Beirats für Migration und Integration der Stadt Kandel